Geschichte


Im Herbst 1924 gründeten ehemalige Mitglieder des Fußballclubs "Victoria Grüne" (der F.-C. Viktoria-Grüne Plettenberg, gegründet im Februar 1919, fusionierte 1923 mit der Sportvereinigung Plettenberg) und des Kameradschaftsbundes "Habeiken" als Gegengewicht und Alternative zur alteingesessenen "Plettenberger Schützengesellschaft von 1836" den "Schützenverein Grünetal".

Die Jugend des Grünetales hatte nach dem I. Weltkrieg, den darauf folgenden wirtschaftlichen Notjahren mit der Besetzung des Ruhrgebietes, noch nicht sehr viele schöne Tage erlebt. So war es verständlich, daß nach dem Verlust des ersten im Grünetal gegründeten Vereins, des Grüner Sportvereins "Victoria Grüne", nach dessen Fusion mit der Sportvereinigung Plettenberg 1911 der Wille wuchs, im eigenen Ortsteil weiterhin kameradschaftliches und sportliches Miteinander zu verknüpfen. Es waren die jungen Grünetaler im Alter zwischen 20 und 25 Jahren, die sich 1924 zusammenfanden, um - nicht mehr und nicht weniger - eine Monarchie auszurufen.

"16 Grüner Jungen gründeten den Schützenverein in dem vergessenen Steinbruch neben der alten Märkerei" (damit ist der Bereich Hartleib an der Grünestraße gegenüber der Schweitzerschen Wiese in Höhe des Hauses Graefe gemeint) heißt es in einem alten Zeitungsartikel. Zu den Gründungsmitgliedern gehörten damals Hugo Thomas, Reinhold Pfeiffer, Erich Schauerte, Ernst Schauerte, Josef Hagen, Erich Hagen, Walter Meese, Heinrich Weyl, Robert Hecker, die Zwillinge Paul und Otto Lienenkämper, Walter Bornemann, Albert Hoffmann, Heinrich Schmidt und Edmund Kieslich. Als Vereinsfarben wählte man Grün und Weiß - die preußischen Schützenfarben.

Eine Schützenfahne, von den Freundinnen aus Leinen perfekt genäht und mit der Gründungszahl 1924 sowie Eichenlaub bemalt, war das äußere Zeichen des neuen Grüner Vereins. Nach dem ersten Vogelschießen stellte man sich mit König Reinhold Pfeiffer (22 Jahre alt) und Königin Elly Hagen dem Fotografen stolz zum Foto. Die älteren Grünetaler beobachteten das Treiben ihrer Jugend zunächst mit etwas Distanz. Doch noch im gleichen Jahr unterstützte man die Jugend nach besten Kräften, engagierte sich selbst im "Grüner Schützenverein von 1924" und sorgte organisatorisch mit dafür, daß der gesamte Ortsteil die Schützensache zu seiner eigenen machte. 1925 wurde dann das erste offizielle Schützenfest gefeiert.

In der benachbarten Stadtmitte, bei der Plettenberger Schützengesellschaft (PSG) von 1836, sah man die Vereinsneugründung mit gemischten Gefühlen, zumal nicht wenige der aus dem Grünetal kommenden Mitglieder aus der PSG aus- und in den neuen Grüner Schützenverein eintraten. Drei Jahre später, bei der Grüner Fahnenweihe 1927, sagte der damalige PSG-Vorsitzende Hermens: ("indem er die erste Verstimmung über den neuen Verein streifte, die aber vollständig gewichen ist") "...reichem wir unserem Bruderverein die Hand, um mit ihm gemeinsam zu arbeiten an der deutschen Schützensache!"

 

Festzug in den 30er Jahren

 

Das Biergericht im Festzug 1938

Die erste Satzung wurde im Dezember 1924 verabschiedet und nannte unter anderem als "Zweck" des Vereins: »...alle Mitglieder frühzeitig zum Schießwesen heranziehen. Politische Sachen werden nicht verfolgt«.

Der erste Vorsitzende des Schützenvereins war August Reineke. Der Verein entwickelte sich schnell zu einer verschworenen Gemeinschaft, die mit geringen Mitteln und ohne großen Aufwand ihre Feste zu feiern verstand. Und tierisch ernst nahm man die eigene grün-weiße Monarchie nie: als Königskette wurde in den Gründerjahren ein Ring aus aneinandergelöteten, entwerteten Geldstücken verwendet, Text und Eichengrün der ersten Schützenfahne waren auf einfaches Leinen aufgemalt. Die erste "richtige" Schützenfahne wurde 1927 geweiht.

Auf die Einhaltung gewisser Regeln war indes nicht völlig zu verzichten. Deshalb sorgte von Anfang an das Offizierskorps für einen organisierten Ablauf der Schützenfeste und des Schießens auf dem Schießstand. Zudem geleiteten die Offiziere verstorbene Mitglieder zur letzten Ruhe.

Was bei der benachbarten Schützengesellschaft seit dem Jahre 1903 als "Biergericht" bekannt war - die humorvolle Verurteilung der Verfehlungen der Mitglieder des Schützenvereins - wurde mit der Vereinsgründung auch bei den Grüner Schützen etabliert: "Kräkelkommission" nannte sich das Gerstensafttribunal, das später in das Biergericht überging.

Am 18. Juli 1925 protokollierte die Stadtverwaltung: »Der vom Schützenverein Grünetal angelegte Scheibenschießstand (in der Bermke) ist vom Stadtbaumeister besichtigt und wurden besondere Mängel nicht vorgefunden. Die öffentliche Sicherheit wird nicht gefährdet, wenn der Verein während des Schießens Warnungszeichen und rote Fahnen an geeigneter Stelle anbringen läßt«.

Das Schützenfest 1925, vermutlich auch schon das erste Fest 1924, wurde auf der "Schweitzerschen Wiese" an der Grünestraße gefeiert. Über eine Brücke über den Grünebach gelangte man in das Zelt, das man sich 1925 vom Werdohler Schützenverein ausgeliehen hatte. Mittelpunkt des Grünetals war damals der Bereich rund um das "Düppenhaus", das unweit der Firma Rasche an der Mündung der Grüne in die Oester lag. Der später als "Negerdorf" bezeichnete Ortsteil sowie viele Häuser am Landemerter Weg entstanden ja ebenso wie das Freibad erst in den 30er Jahren bzw. nach dem Krieg.

Da ein festes Gebäude zum Feiern in entsprechender Größe im gesamten Grünetal nicht zur Verfügung stand, wurden größere Dorf- und Volksfeste üblicherweise immer in einem eigens errichtenen Zelt veranstaltet. Die Zeltplanen wurden mit Hilfe von Pferden und Seilen über die Stützpfeiler gezogen. Schon der Aufbau des Festzeltes lockte die Grüner Schützenjugend in großer Zahl herbei. 1927 fand das Schützenfest mit Fahnenweihe in einem 40 Meter langen Zelt statt. 1938 wurde das Festzelt auf der Wiese hinter dem Gasthof Battenfeld aufgestellt. 1939 feierte man das Grüner Schützenfest erstmalig beim "Bruderverein" in der Schützenhalle im Wieden.

Ein Schützenfest wird bekanntlich erst durch Musik zum Fest. Also gründete man schon 1926 ein Tambourkorps in der Grüne. Mitglieder des damaligen Reichsbanners "Schwarz-Rot-Gold" hoben den Spielmannszug aus der Taufe - der Schützenverein Grünetal unter seinem Vorsitzenden August Reineke schaffte die ersten Instrumente an. Erster Tambourmajor war Alfred Paul. Sehr erfolgreich beteiligte sich der Spielmannszug im ersten Jahrzehnt seines Bestehens an Wettbewerben: gleich 38mal (!) holte man in den Jahren 1926-1936 dort erste Preise!

1929 wurde ein 10-Jahres-Vertrag mit dem Jagdpflegeverein Plettenberg abgeschlossen, der es dem Verein gestattete, gegen Zahlung einer Miete den Grüner Vereinsschießstand bis zu zehn Tage im Jahr für Übungsschießen zu nutzen.
Um den Zusammenhalt zu fördern, wurde bei Feiern und Festen des Vereins seit Mitte der 20er Jahre das "Grüner Schützenlied" angestimmt, in dem die Schützenfarbe "grün" gepriesen wurde.

1930 wurde wegen der wirtschaftlichen Lage beschlossen, kein Schützenfest zu feiern. Als Ersatz wurde ein Waldfest "auf der herrlich gelegenen Wiese in der Hachmecke" gefeiert. Hierbei errang Paul Lienenkämper den Titel eines "Vizekönigs". Auch 1932 fand ebenfalls wegen der andauernd wirtschaftlich schwierigen Lage nur ein Notschützenfest statt.

Die Einflußnahme der seit 1933 bestimmenden Nationalsozialisten wurde auch im Bereich der Schützenvereine immer stärker. Die Grüner Schützen wurden zwar am 25. November 1934 Mitglied im Deutschen Schützenbund, wurden Ende der 30er Jahre aber zwangsweise dem "Reichsbund für Leibensübungen" zugeordnet. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Schützenverein rund 400 Mitglieder.

Durch die Wirren des II. Weltkrieges, der 45 Mitglieder des Schützenvereins Grünetal an den Fronten das Leben kostete, ruhte das Vereinsleben ganz. Nach der Währungsreform 1948 wurden erste Versuche unternommen, den Schützenverein wieder ins Leben zu rufen. Ein kommissarischer Vorstand unter dem Vorsitz von Günter Bergfeld traf die notwendigen Vorbereitungen, und am 2. Dezember 1950 trafen sich über 80 Mitglieder des Grüner Schützvereins im Gasthof "Erholung", um den Schützenverein nach der kriegsbedingten Pause neu aus der Taufe zu heben. Heinrich Hoffmann wurde mit der Führung des Schützenvereins beauftragt, Paul Bergmann wurde als Oberst wiedergewählt.

Das erste Schützenfest nach dem Krieg wurde dann 1951 im Schützenzelt auf der Schweitzerschen Wiese gefeiert. Das Vogelschießen fand 1951 auf einer Wiese im "Liemänneken", oberhalb des sogenannten "Negerdorf" am Grünebach, statt. Da die Fläche auf der Schweitzerschen Wiese in den Jahren danach für die vielen Besucher zu klein geworden war, wurde auf einem größeren Nachbargrundstück in einem Zelt gefeiert. 1953 wurde auf der Wieckmerth der Gedenkstein zu Ehren der Gefallenen errichtet. Am 30. Mai 1954 fand die Einweihung des inzwischen 3. Schützenheimes auf der sogenannten "Rodelbahn" auf der Wieckmerth statt. Das erste Heim hat der Wirbelsturm zerstört, das zweite wurde nach dem Zusammenbruch 1945 demoliert und demontiert.

Das Winterfest 1954 feierte man in der PTV-Turnhalle. Die ersten Nachkriegsschützenfeste wurden auf der Schweitzerschen Wiese und auf dem Grundstück Rauterkus an der Ernst-Moritz-Arndt-Straße gefeiert. Ab 1955 verzichtete man auf das Zelt und feierte die Schützenfeste in der Schützenhalle im Wieden. Zum Schützenfest 1955 wurde offiziell das Tragen des "Grüner Schützenhutes" in allen Festzügen für sämtliche Mitglieder des Vereins zur Pflicht gemacht.

Unsere Zukunft liegt in der Jugend - nach diesem Motto haben die Grüner Schützen von den Gründungstagen an die jüngsten und jungen Grünetaler in das Festgeschehen mit eingebunden. Eine lange Tradition haben die Blumenportale, die von der Jugend jedem Festzug vorangetragen werden. Seit 1934 gibt es eine Jungschützenkompanie, seither dürfen die Kinder und Jugendlichen (mit Unterbrechungen) auch einen eigenen Jungschützenkönig ausschießen. 1977 wurde das Vogelschießen des Schützennachwuchses ergänzt um das Kindervogelschießen, so daß seither ein Jungschützenkönig und ein Kinderschützenkönig ermittelt wird.

Die Gesangsgruppe "Grüner Lerchen" wurde 1972 (?) ins Lebens gerufen und stand unter der Leitung von Heinz Neumann, der Initiator des Klangkörpers gewesen war. Die "Grüner Lerchen" sind auch in den Jahren 1974 und 1978 erwähnt. 1984, so schrieb das Süderländer Tageblatt, waren die Grüner Lerchen "nach Jahren der Abstinenz" wieder beim Biergericht aktiv.

1974 entschied man sich, zur Attraktivitätssteigerung des Schützenfestes und zu Ehren der Altmajestäten erstmals um die Kaiserwürde zu ringen. Ernst Schauerte, der König des Jahres 1956, erlegte den Kaiservogel. Statt einer Kaiserin bekam Ernst Schauerte zwei weibliche Adjutanten zur Seite gestellt.

1982 stellte man im Vorstand Überlegungen an, das Schützenfest nicht mehr in der Schützenhalle im Wieden, sondern wieder wie früher in einem Festzelt zu feiern. Dieses Zelt sollte in der Grüne aufgestellt werden (Vorschläge: Alterauge, Battenfeld), um durch das Feiern vor Ort mehr Akzeptanz und Beteiligung der Grüner Bevölkerung zu erreichen.

Ebenfalls im Jahre 1982 fand erstmals ein sogenannter "Kräkelabend" statt, an dem von jeder Abteilung des Schützenvereins 2-3 Mitglieder teilnehmen sollten. Zweck war es, an solchen Abenden "Luft abzulassen" und über alles das zu diskutieren, was einem im Vereinsalltag "auf den Geist geht" oder über was man sich im Verein besonders geärgert hatte.

Auf überregionaler Ebene war 1986 ein Grüner Schütze erfolgreich: Karl-Helmut Fecker holte sich beim Kreisschützenfest in Iserlohn mit 702. Schuß unter 39 Teilnehmern den Titel eines "Kreisschützenkönig"!
Am 13. Mai 1997 hatte der gemütliche Treff für Jedermann "Dienstags im Grünetal" Premiere. Über 200 Besucher kamen zur Feier mit der heimischen Rockgruppe DAZE. 1997 beteiligten sich die Grüner Schützen auch am Jubiläumsschützenfest aller Plettenberger Schützenvereine anläßlich der 600-Jahr-Feier der Stadt. Die Grüner schützen feierten im Wieden in einem Zelt, dessen Zeltwirt wenige Tage vor dem Fest den Offenbarungseid leisten mußte und den Verein damit zu einer Kostenübernahme (gemeinsam mit dem ebenfalls betroffenen Schützenverein Eiringhausen) von 50.000 DM zwang. 1998 wurden die Damen auf dem Schießstand aktiv. Sie ermittelten durch lustige Spielaufgaben die 1. Maikönigin. Stefanie Wieczorek errang den Titel (WR 2.5.1998).

Ältestenrat:
1978 Klaus Lürken, Alfred Schreiber, Ernst Schauerte, Heinz Kochskämper (ausgeschieden Ernst Rauterkus, Theo Schumann);
1982: Klaus Lürken, Friedhelm Klöckner, Ernst Schauerte,Heinz Kochskemper, Paul Bergmann, Josef Zöller;
1984 Ernst Schauerte, Heinz Kochskemper, Josef Zöller, Friedhelm Klöckner, Ludwig Föth.

Aus Jahreshauptversammlungen: 14.10.1929: Für Kaffee, Speisen und Getränke für die Mitglieder gab der Verein rund 800 RM aus. 14.10.1929: Da der Verein alljährlich im Februar ein sogenanntes Winterfest feiert . . . man kam zu dem Schluß, die altbewährten Festaustattungs-Künstler E. Kötting, Albert Hoffmann, Ed. Kißlich jr. und W. Bödefeld zu wählen, die schon manches Jahr vorzügliches geleistet haben und auch das nächste Winterfest wieder großartig aufziehen werden.
... Eine längere Debatte ergab sich um das beim Schlußschießen zum Ausschank kommende Bier. Während der Vorstand beschlossen hatte, das Bier zu ermäßigten Preisen abzugeben, wurde aus der Versammlung auf Freibier appelliert... Nach längerem hin und her verblieb es aber doch beim Beschluß des Vorstandes. 20.01.1930: Die Generalversammlungen wurden durchschnittlich von 100 Mitgliedern besucht...